15 Jahre Klinisches Ethik Komitee im Nettetaler Krankenhaus
Forum bietet Mitarbeitern Unterstützung bei ethischen Fragestellungen
Wer sich schon einmal mit dem Thema Patientenverfügung auseinander gesetzt hat, hat es vielleicht gespürt, das Dilemma zwischen dem medizinisch Möglichen und dem vermeintlich Richtigen. Möchte ich im Fall der Fälle lebensverlängernde Maßnahmen? Und wenn ja, in welcher Situation genau? Diese Fragen für sich selbst zu beantworten, ist für jeden von uns eine große Herausforderung sein. Derlei im Sinne eines Dritten mit entscheiden zu müssen, kann einen ethischen Konflikt verursachen. Dann ist es wertvoll, wenn es irgendwo Orientierungshilfe gibt.
Im Klinikalltag ergeben sich immer wieder Fragestellungen, bei denen nicht nur medizinische Fakten, sondern auch grundlegende ethische Werte berücksichtigt werden müssen. Moderne (Apparate-)Medizin erweitert die Handlungsmöglichkeiten während gleichzeitig die Selbstbestimmung der Patienten an Bedeutung gewinnt. So können Behandlungsteams, Patienten wie auch Angehörige in schwierige ethische Konflikte und dilemmahafte Situationen geraten.
Vor diesem Hintergrund wurde im Nettetaler Krankenhaus vor 15 Jahren ein Klinisches Ethik Komitee ins Leben berufen, kurz KEK genannt. „Wir sind neutrale Ansprechpartner, wenn Mitarbeiter in der Versorgung von Patienten in Grenzsituationen geraten oder Entscheidungen ethisch reflektieren und aufarbeiten möchten“, erklärt Gertrud Bollessen, Gründungsmitglied und langjährige Vorsitzende des KEK. Ethische Fragestellungen ergäben sich insbesondere in der Intensivmedizin und in der Palliativmedizin, ergänzt die erfahrene Intensivpflegekraft.
Jeder Mitarbeiter des Hauses kann bei Bedarf eine Fallbesprechung beim KEK beantragen, in welcher zum Beispiel mögliche Therapien diskutiert und Lösungswege für den behandelnden oder pflegenden Mitarbeiter aufgezeigt werden. Das geschieht in Form einer strukturierten, moderierten und berufsgruppenübergreifenden Besprechung. Das Selbstbestimmungsrecht und die Würde des Patienten stünden dabei im Zentrum der Diskussion, betont Bollessen. Auch Patienten und Angehörige können sich über das Pflegepersonal oder einen Arzt an das KEK wenden. Häufig würden Probleme aber auch schon im vorangehenden Beratungsprozess gelöst, ohne dass es zu einer Fallbesprechung kommt. „Gelöst ist gelöst“, fasst Bollessen das kurz zusammen.
Um eine fächerübergreifende Problemanalyse sicherzustellen, setzt sich das Komitee aus Krankenhausmitarbeitern verschiedener Bereiche zusammen. Ärzte, Pflegekräfte, Sozialarbeiterinnen und eine Seelsorgerin bilden das aktuelle Team, einige von ihnen sind von Anfang an dabei. Die Mitglieder sind bei der Wahrnehmung ihrer Aufgabe nicht an Weisungen gebunden, sondern ausschließlich ihrem Gewissen verantwortlich.
Einmal im Monat tagt das Komitee. Denn neben den Fallbesprechungen, zählt es auch zu den Aufgaben des KEK, Leitlinien für schwierige Behandlungssituationen mit ethischem Konfliktpotenzial zu entwickeln. „In der Vergangenheit haben wir zum Beispiel Leitlinien zur Therapiebegrenzung, künstlichen Ernährung am Lebensende oder Anlage von künstlichen von außen angelegten Magensonden zur Ernährung erstellt“, sagt Chefarzt Michael Pauw, ebenfalls einer der Gründungsmitglieder des KEK. Auch zur Sterbebegleitung habe man Empfehlungen ausgearbeitet. Mehrmals jährlich bietet das KEK zudem innerbetriebliche Fortbildungen an. „Ich denke wir können stolz darauf sein, dass sich das KEK seit 15 Jahren kontinuierlich dafür einsetzt, ethische Grundsätze in unserem Krankenhaus zu fördern und einen Raum für den Umgang mit moralischen Herausforderungen zu schaffen. Das ist eine wertvolle Ressource für alle Mitarbeitenden“, freut sich Geschäftsführer Jörg Schneider anlässlich des Jubiläums.